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Buchrezension: Einfach visualisieren von Jörg Schmidt

„Na dann machs doch einfach! Wenn du visualisieren willst, dann visualisiere. Nimm Stift und Papier und los gehts.“ Sie glauben gar nicht, wie oft ich mir das früher selbst gesagt habe. Doch manchmal sind gerade die vermeintlich einfachen Dinge besonders schwer. Die Hemmung ist groß, überhaupt den ersten Strich aufs Papier zu bringen, und das Ziel eines ansprechend gestalteten Flipcharts oder einer hilfreichen Sketchnote scheint unerreichbar. Kommt Ihnen das bekannt vor? Dann habe ich eine gute Nachricht für Sie: Im Junfermann Verlag ist gerade ein feines Buch mit DVD-Beilage erschienen, das vor allem eines ermöglicht: Langsam und unbeobachtet von anderen mit dem Zeichnen zu beginnen. Was ich sonst noch über das Buch sagen kann und will, erfahren Sie in diesem Beitrag. 

Autor des Buches ist Jörg Schmidt. Er ist Diplom-Pädagoge mit dem Schwerpunkt Weiterbildung, Mediator, Ausbilder für Mediation, Trainer für Visualisierung und Konfliktmanagement sowie Illustrator von Fachliteratur.

Um was geht es inhaltlich?

Laut Buchdeckel beinhaltet die Medienkombination ein „Praxistraining am Flipchart“. Dabei geht es ausschließlich ums Visualisieren, nicht ums Schreiben. Bei der Visualisierung steht wiederum das Zeichnen von Menschen und einfachen Symbolen im Vordergrund. Darüber hinaus erläutert Jörg Schmidt grundlegende Regeln der Visualisierung am Flipchart, erklärt, wie man Effekte erzielt, und thematisiert den Einsatz von Farben. Der Vorbereitung und dem Aufbau von Flipcharts sind vier Seiten gewidmet, die anschließend an einem Beispiel veranschaulicht werden. Schließlich gibt es ein paar Materialtipps. Kurzum: Der Titel des Buches ist treffend gewählt und hält, was er verspricht: Es geht darum, einfach zu visualisieren.

Für wen ist das Buch geeignet?

Zur Zielgruppe gehören in erster Linie Berufsgruppen, für die der Flipchart ein wichtiges Arbeitsmittel ist. Das sind insbesondere Trainer, Mediatoren, Moderatorinnen, Coaches und Berater. Angesichts der vielen Bildideen, Zeichenanleitungen und Tipps zur Visualisierung bietet das Buch aber auch wertvollen Input für Sie, wenn Sie Sketchnotes zeichnen möchten oder in der Beratung gerne mal ein Blatt Papier zur Hand nehmen, um Dinge zu veranschaulichen. Besonders geeignet ist es für alle, die sich erstmals mit der Visualisierung (am Flipchart) beschäftigen. Aus eigener Erfahrung kann ich berichten, dass aber auch geübte Visualisierer durchaus noch einige interessante Bildideen und Tipps entdecken können.

Was zeichnet das Buch aus?

  • Es umfasst nur 112 Seiten und vermittelt trotzdem alles Wichtige. Für Einsteiger in die Visualisierung ist das optimal, denn was in ein dünnes Buch mit vielen Bildern passt, kann so schwer nicht sein. Einfaches Visualisieren fühlt sich also tatsächlich auch einfach an.
  • Gelungen finde ich die Kombination aus Bildideen, Zeichenanleitungen, Visualisierungstipps und allgemeinen Visualisierungsregeln. Wer sämtliche Regeln beherzigen will und sich an alle vorgestellten Motive heranwagt (Es gibt etwa 150 Motive mit Zeichenanleitung und weitere Motive ohne Anleitung!), hat gut zu tun und braucht vorerst keine weiteren Bücher oder sonstigen Medien, um voranzukommen. Die Bilder sind übrigens über einen Index auffindbar, sodass sich das Buch auch als Bildwörterbuch nutzen lässt.
  • Schließlich werden die wichtigsten Inhalte des Buches zusätzlich in kurzen Filmen vermittelt, die in Gestalt einer DVD dem Buch beiliegen.

Zeichenanleitungen im Buch Einfach Visualisieren von Jörg Schmidt

Was bietet die DVD?

Auf der DVD finden Sie Filme zu den einzelnen Buchkapiteln im Umfang von insgesamt gut 60 Minuten. Sie können sie kapitelweise aufrufen oder in einem Stück anschauen. Jörg Schmidt erklärt in den Filmen wesentliche Inhalte noch einmal persönlich und setzt das Gesagte direkt am Flipchart um. Auch wenn Sie das Buch zuvor gelesen haben, werden Sie merken, dass der Lerneffekt ein ganz anderer ist, wenn Sie einen Menschen vor sich haben und ihm beim Zeichnen zusehen können. Außerdem bekommen Sie so besonders schnell Lust, selbst zu Papier und Stift zu greifen und mitzuzeichnen, zumal der Einstieg so gestaltet ist, dass Sie nichts falsch machen können.

Wenn Sie einen ersten Eindruck vom Film bekommen möchten, schauen Sie sich den Trailer zum Buch an. Er wurde aus dem Material des Schulungsfilms zusammengeschnitten.

Klar im Vorteil ist übrigens, wer beim Training an einem Flipchart mitzeichnen kann. Es ist komplett anders, als auf kleinem Papier zu zeichnen.

Welche Kritikpunkte gibt es?

  • Nicht so gut gelöst ist bei den Filmen leider die Einbeziehung der Lernenden vor den Bildschirmen. Sie werden im Buch zwar ausdrücklich aufgefordert, parallel zum Film auf dem Flipchart oder auf kleinerem Papier mitzuzeichnen, während der Schulung werden ihre Bedürfnisse dann aber nicht immer berücksichtigt. Beispielsweise enthalten mehrere Flipcharts bereits Text, wenn die Ausführungen beginnen (Ich hab da mal was vorbereitet …). Dann muss man als Lernender den Film anhalten, um sich erst einmal auf den gleichen Stand zu bringen wie der Trainer. Dabei sieht man nicht immer allen Text auf einen Schlag, den man für das konkrete Flipchart benötigt. Mir ging es zudem so, dass ich die Kameraeinstellungen zum Vortrag nicht immer optimal fand. Wenn ich mir gerne das Ergebnis der Zeichnung noch mal in Ruhe angeschaut hätte, war schon wieder der Trainer im Bild … (Ich habe parallel zum Film am Flipchart gezeichnet.)
  • Nicht immer sauberes Ineinandergreifen von Buch und Film: Der Filmbeitrag zu den Grundregeln der Visualisierung endet mit der Aufforderung, die Regeln nun auf das eigene Flipchart anzuwenden. Upps, welches eigene Flipchart? Während man noch rätselt, was der Trainer wohl meinen könnte, taucht plötzlich aus dem Nichts eine Frau auf und zeichnet irgendetwas an einem Flipchart. Erst nach einigen Sekunden versteht man, dass die Frau schon ein Flipchart (zu welchem Thema?) gestaltet hatte und dieses nun auf einem anderen Flipchart noch mal neu zeichnet. Genau dieses Vorgehen wird auch den Lernenden empfohlen. Die erfahren aber nur dann, um was es geht, wenn sie die Aufgabe auf S. 22 im Buch lesen, was im Film nicht erwähnt wird. Hier wird vielmehr vorausgesetzt, dass man entsprechend vorbereitet ist und bereits ein Blatt mit Inhalt gefüllt hat.
  • Unzureichende Verweise von den Filmen zum Buch: Im Buch wird gelegentlich auf konkrete Stellen in den Filmen verwiesen (z. B. Kapitel 3 ab Min. 17:30). Einerseits sind solche Verweise in Medienkombinationen gut. Andererseits habe ich persönlich nur wenig Lust, besagte Filmstellen zu suchen, wenn ich gerade das Buch vor der Nase habe und nicht zwangsläufig am Bildschirm sitze. Mir hätten umgekehrte Verweise besser gefallen: Man schaut einen Film und erhält zum Abschluss des Kapitels einen Hinweis auf die passenden Ausführungen im Buch und weitere Motive zum Üben.

Unterm Strich

Das Buch „Einfach visualisieren“ von Jörg Schmidt ist ein feines, übersichtliches Büchlein mit DVD, das ich jedem empfehle, der mit dem Visualisieren am Flipchart beginnen möchte. Die klare Struktur des Buches und die Reduktion auf Wesentliches geben dem zu vermittelnden Stoff eine Leichtigkeit, die gerade am Anfang wichtig ist, wenn es für viele noch darum geht, sich überhaupt zu trauen, mit dem Zeichnen zu beginnen. Die Bedürfnisse der Lernenden werden in den Filmen zwar nicht immer berücksichtigt und das Ineinandergreifen von Buch und Filmen ist nicht optimal, wirklich getrübt ist die Qualität des Trainings dadurch aber nicht.

Weitere Infos

Die Medienkombination ist im September 2016 im Junfermann Verlag erschienen und kostet 24,90 Euro. Sie kann beim Verlag versandkostenfrei bestellt werden. Auf der Verlagsseite steht auch das Inhaltsverzeichnis als PDF zum Download zur Verfügung. Im Blog von Andreas K. Giermeier Lernen der Zukunft gibt es schließlich drei Videos, in denen Jörg Schmidt Inhalte aus seinem Buch vorstellt. Wer Lust auf einen Workshop beim Autor bekommt, findet auf der Website www.einfach-visualisieren.com nähere Informationen.